Interview mit Mario Pestel,
Shifu der Tai Chi-Schule Chen Taiji Berlin
KFSB: In welchem Stadtbezirk unterrichten
Sie?
M. Pestel: Ich habe Kinder- und Erwachsenenkurse in Prenzlauer
Berg und Erwachsenenkurse in Zehlendorf.
KFSB: Welchen Stil unterrichten Sie, und wie würden Sie diesen
Stil charakterisieren?
M. Pestel: Ich unterrichte Chen-Stil Taijiquan (Taichi) und die
Kinder parallel auch in Shaolin Gongfu.
Schriftzeichen des Chen-Stil Taijiquan
Schriftzeichen "Shaolin Quan"
Chen-Stil Taijiquan ist als der ursprüngliche
der bekannten Taijiquan-Stile sehr komplex und als Kampfkunst sehr authentisch.
Er beinhaltet sowohl langsame, sammelnde als auch schnelle Bewegungen
mit Energieentladung.
Charakteristisch sind dabei spiralige runde Bewegungen. Ein wichtiges
Element ist neben den Formen, Qigong (Energiearbeit) auch das Tuishou
(Push Hands). Letzteres sind anfangs festgelegte Partnerübungen,
die bis zum Ringkampf und schließlich dem freien Kampf übergehen.
KFSB: Welche Voraussetzungen sollte ein Schüler der bei Ihnen
beginnen möchte mitbringen?
M. Pestel: Offenheit und ein gutes Herz.
KFSB: Wie verläuft die Ausbildung an Ihrer Schule?
M. Pestel: Anfänger und Fortgeschrittene trainieren gemeinsam.
Dafür gibt es eine Vielzahl an Trainingszeiten bei nicht zu hoher
Gruppengröße. Die Schüler können zu allen Zeiten
kommen.
KFSB: Wie lang ist eine Trainingseinheit und wie verläuft
das Training?
M. Pestel: Eine Trainingseinheit sind 90 Minuten. Darin sind Aufwärmen,
Dehnung, Qigong (Energiearbeit), Tuishou, Kampfanwendung und Formen jeweils
mit unterschiedlichen Schwerpunkten enthalten.
KFSB: Wie oft kann man in Ihrer Schule trainieren?
M. Pestel: Als Erwachsener fünf mal in Prenzlauer Berg, davon
zwei mal vormittags, und zwei mal in Zehlendorf. Das Kindertraining findet
zwei mal pro Woche statt.
KFSB: Spielen in Ihrem Unterricht andere traditionelle Elemente/
Künste wie z.B. Löwentanz eine Rolle?
M. Pestel: Unser Training ist sehr vielseitig, aber Löwentanz
trainieren wir noch nicht. Das kann sich aber bald ändern. Des weiteren
finden bei uns Workshops in Teezeremonie, Chinesischer Massage und Medizin,
Chinesischem Schach und laufende Kurse in Chinesischer Sprache statt.
Intensiver kann man das natürlich auf unseren China-Reisen erleben.
KFSB: Welchen Stellenwert besitzen Formen in Ihrem Unterricht?
M. Pestel: Einen wichtigen. Die Form ist der Schlüssel, aber
man muß sie verstehen. Daran arbeiten wir vor allem. Wir üben
mit allen Waffenkategorien: kurze Waffen (Schwert, Säbel), Flexible
Waffen (Fächer, Peitsche), Langwaffen (Stock, Speer, Drachenlanze),
Doppelwaffen (Säbel) sowie traditionelle und moderne Chen-Stil Handformen.
KFSB: Welche Rolle spielen Beintechniken in Ihrem Training?
M. Pestel: Sie sind ein wichtiger Bestandteil und bei den meisten
Taijiquan-Schulen ein Schwachpunkt.
KFSB: Welche Rolle spielt der Freikampf?
M. Pestel: Er wird gesondert trainiert.
KFSB: Wird auf SV-Anwendungen eingegangen?
M. Pestel: Im regulären Unterricht spielen die Kampfanwendungen
der Formen und Selbstverteidigung eine äußerst wichtige Rolle.
Dazu gehören auch Qinna und Nervenpunkte.
KFSB: Spielt Akrobatik im Unterricht eine Rolle, muß man
sehr fit und
beweglich sein?
M. Pestel: Sie beschränkt sich auf die Kunst zu fallen.
KFSB: Finden auch Wettkämpfe statt?
M. Pestel: Ja. Wir starten in der VR China und auch in Deutschland
bei Formen, Tuishou und Freikampf. In allen waren wir bisher sehr erfolgreich.
Ein Bild kann man sich davon machen, wenn man auf unserer Homepage, die
Profile der Trainer anschaut.
KFSB: Gibt es ein Angebot für Kinder?
M. Pestel: Selbstverständlich. Sie lernen parallel auch Shaolin
Gongfu, da es zunächst leichter erlernbar ist und ihnen hilft, ihre
Aggressionen zu entfalten. Beim Chen-Taiji beginnt man anfangs mit langsamen
Bewegungen, um den Körper zu öffnen und Energie (Qi) zu gewinnen.
Das Explosive kommt später.
KFSB: Werden Waffentechniken unterrichtet?
M. Pestel: Ja. Es werden alle genannten Waffen auch in der Anwendung
trainiert.
KFSB: Spielt geistige Übung (z.B. Meditation) eine Rolle?
M. Pestel: Sie ist in allem enthalten, wird aber auch gesondert
trainiert, z.B. bei stillem Qigong, wie z.B. Zhanzhuang.
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