Die Geschichte Chinas und Europas im Vergleich
eine Gegenüberstellung historischer
Entwicklungen in China und Europa
Teil I - Urgeschichte bis 200 v.Chr., von Thorre Schlaméus
Über das Verständnis historischer
Entwicklungen
Hätte am zweiten Februar des Jahres 1421 in Beijing während
der großen Einweihungsfeier der Verbotenenen Stadt zu Ehren
des Kaiser Zhu Di jemand die Frage gestellt, weshalb sich unter
den achtundzwanzig Königen und Staatsoberhäuptern sowie den
zahlreichen Abgesandten aus allen Teilen Asiens, Arabiens und Afrikas,
die sich hier in der atemberaubenden Pracht des chinesischen Kaiserhofs
versammelt hatten, kein einziger europäischer Würdenträger
befand, so wäre diese Frage von den meisten Teilnehmern der Party
sicherlich als ein etwas einfältiger Scherz aufgefaßt worden:
Europa galt den Chinesen und ihren Verbündeten einfach als zu rückständig,
als zu barbarisch und unzivilisiert, als daß es auf der Gästeliste
des mächtigen Kaiser Zhu Di auch nur einen Zentimeter Platz
hätte beanspruchen dürfen.
Während die Armada Zhu Dis im Jahre 1421 als Flottenverband
von über einhundert riesigen Dschunken und hunderten kleinerer Schiffe
mit einer Besatzung von insgesamt dreißigtausend Mann über
die Weltmeere segelte, zog Heinrich V. im selben Jahr gegen Frankreich
in den Krieg, indem er seine Armee in vier Fischerbooten, die bei jeder
Überfahrt gerade einhundert Mann fassen konnten, über den Kanal
setzen ließ.
Jede der einhundert Riesendschunken des Kaisers war mit etwa 142 Metern
Länge und 55 Metern Breite groß genug, um fünfzig Fischerboote
zu verschlingen. Die größte Flotte Europas in dieser Zeit war
die Flotte Venedigs - sie bestand aus 300 Galeeren, schnelle, leichte,
dünnwandige Schiffe aus Weichholz, die gerudert wurden und im Mittelmeer
von Insel zu Insel schipperten. Die größten Venizianischen
Schiffe waren etwa 50 Meter lang und konnten höchstens 50 Tonnen
Fracht aufnehmen. Zhu Dis Schiffe waren ozeantaugliche Riesenschiffe,
die selbst Taifunen widerstanden und zweitausend Tonnen Fracht aufnehmen
konnten.
In einer Schlacht zwischen Zhu Dis Armada und den vereinigten Flotten
aller anderen Länder der Erde hättern die Chinesen ohne Zweifel
den Sieg davongetragen. Tatsächlich blieb die Pracht und Größe
der chinesischen Armada des Kaisers Zhu Di ein halbes Jahrtausend
lang bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs unübertroffen. Aber auch
das Heer Zhu Dis war mehr als beeindruckend. Die chinesische Armee
umfaßte eine Million Mann, die mit Gewehren ausgerüstet waren
- das Heer Heinrichs V. bestand aus fünftausend Mann, die
mit Langbogen, Schwertern und Spießen bewaffnet waren.
Doch nicht nur in militärischen Aspekten war das China Zhu Dis
Europa weit überlegen:
Die Hochzeit Heinrichs V. mit Katharina von Valois fand
einige Wochen nach der Party in Beijing statt - Zhu Di hatte ungefähr
sechsundzwanzigtausend Gäste zum Festbankett geladen, die ein zehngängiges
Mahl zu sich nahmen, das in feinsten Porzellanschalen serviert wurde.
Zum Hochzeitsbankett von HeinrichV. waren sechshundert Gäste
geladen, sie erhielten Stockfisch und gesalzenen Kabeljau auf Scheiben
aus altem Brot, die als Teller dienten...
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die Engländer darauf erpicht,
Tee und Porzellan aus China einzuführen. Eine Gesandtschaft der Engländer
machte Kratzfuß am Hof in Beijing und versuchte, die von König
George III. erhofften Handelsbeziehungen anzuschieben. Kaiser Qianlong
sah sich daraufhin veranlaßt, in einigen Briefen an König
George III. Klartext zu reden:
"Sie, o König aus der Ferne sehnen sich nach den Segnungen
unserer Zivilisation und haben in Ihrem Verlangen, in Berührung zu
kommen mit ihrem heilsamen Einfluß, eine Gesandtschaft mit einer
Denkschrift über den Ozean geschickt. Ich habe Notiz genommen von
Ihrem respektvollen Geist der Unterwerfung und Ihre Gesandtschaft mit
höchster Zuvorkommenheit behandelt.
Die majestätische Tugend unseres Reiches hat alle Länder unter
dem Himmel durchdrungen, und Könige aller Nationen haben kostbare
Tribute geschickt. Wie Ihr Gesandter sehen mag, besitzen wir bereits alles.
Ich sehe keinen Wert in unbekannten und kunstreichen Dingen und habe keine
Verwendung für die Waren Ihres Landes."
Er schloß seinen Brief mit dem üblichen Kaisergruß: "Gehorche
zitternd!" und machte den Gesandten klar, daß sie dahin
gehen sollten, wo der Pfeffer wächst. Mit anderen Worten: In der
chinesischen Weltsicht waren die Gesellschaften Mittel- und Nordeuropas
nicht mehr als unbedeutende Anhängsel Eurasiens, ganz Europa in Sachen
Zivilisation ein elender Wurf, nicht der Rede wert und keinesfalls zu
vergleichen mit der vielfälftigen und tiefgründigen chinesischen
Kultur.
Die fatalen Konsequenzen dieser Fehleinschätzung wurden deutlich,
als einige Jahre nach Qianlongs Absage an König George
III. englische Kanonenboote erschienen und der darauffolgende Opiumkrieg
das riesige Reich der Mitte in ein Chaos stürzte. Nicht nur Engländer,
sondern auch Franzosen, Russen, Japaner und Deutsche ließen es sich
nun in China gut gehen - das chinesische Kaiserreich hatte keine Chance,
sich gegen die Invasoren zur Wehr zu setzen.
Die jahrhundertelang gepflegte Hybris, Zentrum der Welt zu sein (Reich
der Mitte), hatte zu einer Isolation Chinas geführt, die mit
der chronischen Unterschätzung nichtchinesischer Kulturen einherging.
Wie schockierend war nun für Chinas Beamte, Gelehrte und Studenten
die Erkenntnis, daß die Gesellschaften des Westens jetzt den Lauf
der Welt bestimmten.
Die westlichen Gesellschaften haben sich in der Vergangenheit allerdings
ebenfalls kaum darum bemüht, China und seine Kultur zu verstehen.
Es gab Zeiten der China-Euphorie, in der man den Reichtum und die Weisheit
des Ostens beschwor und Phasen der China-Hysterie, deren Thema "Die
gelbe Gefahr" war. China diente und dient den Menschen Europas primär
als Ziel eigener Projektionen, von der wirklichen Auseinandersetzung mit
dessen Geschichte und Kultur kann nicht die Rede sein. Und dies zeigt
sich - wie sollte es anders sein - auch in der Gemeinschaft derjenigen,
die sich den traditionellen chinesischen Kampfkünsten widmen.
Historische Entwicklungen zu verstehen, ist für den Kung Fu-Praktiker
jedoch von einiger Bedeutung. Gerade das allgemein äußerst
unvollständige Wissen über die Ursprünge der chinesischen
Kultur fördert in Kampfkunstkreisen eine Form der Legendenbildung,
die neben relativ harmlosen Verirrungen letztlich auch zu einer falschen
Sicht der Praxis führen kann.
Solange man nicht versteht, auf welchen kulturhistorischen Entwicklungen
die chinesischen Kampfkünste gründen, wird auch das Verständnis
dieser Kampfkünste selbst begrenzt bleiben.
Ein besonders interessantes Mittel gegen diese Form der Unwissenheit könnte
eine Gegenüberstellung der geschichtlichen Ereignisse und Entwicklungen
sein, die Europa und China prägten, denn aus dieser Betrachtung ergeben
sich vielleicht nicht nur tiefere Einblicke in die "fremde"
Kultur Chinas, sondern auch Einsichten in die Frage, weshalb uns diese
Kultur eigentlich so fremd erscheint, was also "das Fremde"
darin und daran ist.
Und daraus folgt: Es geht hier nicht nur um das Phänomen des Fremden,
sondern auch um die Frage, was wir als vertraut empfinden und warum dies
so ist. Ein solides Geschichtswissen ermöglicht uns zu begreifen,
wer wir sind und woher wir kommen, weil wir die Bedingungen verstehen,
die unsere Vorfahren und deren Gesellschaft bestimmt haben.
Dieser Artikel will die geschichtlichen Entwicklungen Europas und Chinas
skizzieren und einander gegenüberstellen. Um den hier angemessenen
Rahmen nicht zu sprengen, soll eine eher grobe Darstellung der historischen
Vorkommnisse genügen.
Die von mir ausgewählten Beispiele werden nicht immer repräsentativ
sein, und so sollte auch der Begriff "Vergleich" eher mit Nachsicht
betrachtet werden. Es geht mir nicht wirklich um das Vergleichen zweier
Kulturen, sondern um den möglichen Erkenntnisgewinn den eine historische
Gegenüberstellung verspricht.
Urgeschichte und Vorzeit
Die heute allgemein anerkannte These der menschlichen Urgeschichte bezeichnet
Zentralafrika vor ca. 150.000 Jahren als Ursprungsort des modernen Menschen
(Homo sapiens). Europa war für den Menschen als Besiedlungsziel
nach Afrika und Asien erst die dritte Wahl. Von Afrika aus wanderten Gruppen
des Homo sapiens zunächst nach Nordafrika, dann nach Eurasien,
Südostasien, Australien und Nord- und Westeuropa.
Ausbreitung des modernen Menschen aus Zentralafrika
Einige chinesische Wissenschaftler behaupten
mit großer Hartnäckigkeit, daß die Chinesen nicht vom
Homo sapiens, sondern direkt vom Homo erectus abstammen
- eine These, die von den Wissenschaftlern der westlichen Welt energisch
abgestritten wird.
Dazu sollte vielleicht angemerkt werden, daß sich in der chinesischen
Kultur eine auffällige Neigung entwickelt hat, die Gegenwart durch
Verweise auf eine besonders rühmliche und langbewährte Vergangenheit
zu "veredeln". Möglicherweise ist hier die Ursache für
das Beharren chinesischer Wissenschaftler auf dem Vorfahrenstatus des
sogenannten Peking-Menschen zu suchen, der vor 400.000 Jahren in der Nähe
der heutigen Hauptstadt Bejing lebte und der Gattung Homo erectus
angehörte. Wie auch immer, man schätzt, daß die Einwanderung
des Homo sapiens aus Afrika nach China vor ungefähr 100.000
bis vor 65.000 Jahren stattfand.
Die Einwanderung des Homo sapiens nach Europa ereignete sich vor
ungefähr 45.000 bis 35.000 Jahren. Die Hauptvereisung in Nordeuropa
(Skandinavien, Island, Irland, Norden Deutschlands, Polen und Rußland)
fand in einem Zeitraum von ungefähr 23.000 bis 8.000 v.Chr. statt.
Diese Tatsache läßt erahnen, mit welchen Schwierigkeiten die
Menschen hier zu kämpfen hatten.
Zwischen 13.000 und 7000 v.Chr. wird der Wolf domestiziert, und so stellt
der Hund das älteste Haustier des Menschen dar. Ab 8.000 v.Chr. wird
es recht warm in Europa. Das Abschmelzen der Gletscher führte zur
Entstehung vieler Flüsse, dichte Wälder entstanden. Einige Jäger
folgten den Eiszeit-Beutetieren (Mammut, Ren, Wildpferd) auf deren Flucht
vor der Wärme nach Norden. Viele Menschen jedoch blieben und orientierten
sich um: neue Jagdmethoden, neue Beutetiere (Hirsch, Reh, Auerochse).
Aufgrund der veränderten Klimabedingungen und den damit verbundenen
reichhaltigeren Nahrungsressourcen konnten die Lagerplätze länger
genutzt werden.
Anfänge von Landwirtschaft, Töpferei und Metallbearbeitung
Zeugnisse für dauerhafte Siedlungen existieren in Europa seit der
Zeit um 7000 v.Chr., sie stellen wohl aber Ausnahmen dar. Die erste Bauernkultur
in Mitteleuropa wird als Linienbandkeramische Kultur bezeichnet.
Sie war um 5600 bis 4900 v.Chr. im Gebiet des heutigen Südrußland
bis nach Frankreich verbreitet. Die meisten Menschen Europas lebten bis
um 5000 v.Chr. überwiegend nomadisch. Sie sammelten Pflanzen, fischten
und jagten.
Es existierte eine Vielzahl von Stämmen, die aber aufgrund fehlender
Schriftdokumente hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Organisationsstrukturen
heute nicht detailliert verstanden werden. In dieser Zeit wanderten ackerbautreibende
Völker aus dem Orient ein, und so finden sich in Mitteleuropa schon
seit der Zeit um 5000 v.Chr. erste Belege für den Anbau von Weizen
und Gerste. Außerdem wurden Rinder, Schafe und Schweine gehalten.
Um ungefähr 7000 v.Chr. bis 5500 v.Chr. verbreitete sich in Südosteuropa
die Töpferei.
Töpfer waren im Umgang mit heißen Feuern (zum Keramikbrennen)
bewandert und ihr Wissen ermöglichte es schließlich, Metalle
aus Erzen zu schmelzen. Nachdem man eine Weile mit Kupfer experimentiert
hatte, fand man heraus, wie durch Verschmelzen von Kupfer und Zinn Bronze
entsteht.
Bronze ist viel härter als Kupfer und eignet sich deshalb hervorragend
für die Fertigung von Schwertern, Äxten, Speerspitzen und Schaufeln.
Das Bearbeiten von Kupfer war auf dem Balkan (Osteuropa) ungefähr
seit der Zeit um 5500 v.Chr. üblich.
Der in den Ötztaler Alpen (Südtirol - Italien/ Österreich)
gefundene Jungsteinzeitmensch stammt aus einer Zeit ziemlich genau um
3300 v.Chr. Es ist die älteste Mumie der Welt. Er besaß eine
Axt aus Kupfer.
In Nordeuropa entstanden schon vor der Kupferzeit, die man in Europa von
4000-3500 v.Chr. ansetzt, ab 4800 v.Chr. die Hünengräber der
Megalithkulturen. Insbesondere entlang der europäischen Atlantikküste
wurden im Rahmen von Bestattungsritualen große dauerhafte Monumente
(Megalithgräber) errichtet. In der Bretagne finden sich beispielsweise
Gräber, die aus der Zeit um 4800 bis 4000 v.Chr. stammen. Diese Hügelgräber
zählen zu den ältesten Megalithgräbern überhaupt.
In der Zeit zwischen 3400 bis 2800v.Chr. gelangten das Rad und der Wagen
nach Mitteleuropa, und seit ca. 2200 v.Chr. kennt man in Europa die Bronzeherstellung.
Sie setzt sich allerdings erst gegen 1800 v.Chr. europaweit durch.
Um ca. 2500 v.Chr. tauchen aus dem Osten die indogermanischen Reitervölker
auf, sie vermischen sich mit ackerbautreibenden Völkern, und so entstanden
europäische Völker wie die Kelten, Germanen, Griechen und Slawen.
In China baute man seit ca. 7000 v.Chr. Reis und Hirse an, insbesondere
auf den Lößböden des Gelben Flusses und in den Gegenden
um den Yangzi. Aufgrund der schwierigen Bedingungen in Gebieten
nahe der großen Flüsse, die häufig von Überschwemmungen
heimgesucht wurden, mußten die Menschen lernen, sich effizient zu
organisieren.
Der in Schichten bis zu 300 Metern Tiefe in den Provinzen Henan, Shaanxi,
Shanxi und Gansu vorkommende Löß ist verfestigter Flugstaub.
Er stammt aus den innerasiatischen Steppen und hat sich als äußerst
fruchtbarer Boden für landwirtschaftliche Unternehmungen erwiesen.
Problematisch ist allerdings, daß die seltenen aber starken Regenfälle
Nordchinas gigantische Massen an Löß in den Gelben Fluß
spülen, der seinen Namen dem enormen Gehalt an Sedimenten verdankt,
die er transportiert.
Zur Zeit sind das ca. 37 Kilogramm pro Kubikmeter Wasser - kein anderer
Fluß der Erde befördert solche Massen an Sedimenten. Dort,
wo der Fluß die Sedimentmassen wegen mangelnder Fließgeschwindigkeiten
nicht mehr transportieren kann, sinken sie zu Boden und erhöhen so
das Flußbett - die Folgen sind besonders bei intensiven Regenfällen
starke Überschwemmungen mit regelrechten Flutwellen.
Hier überlebten die Menschen nur, weil sie es verstanden, sich trotz
dieser häufig wiederkehrenden Katastrophen irgendwie zurechtzufinden.
Einige Historiker sehen in dieser erzwungenen Fähigkeit des Überlebens
in widrigen Umständen einen Grund für die rasante Entwicklung
der späteren Hochkulturen in diesen Gebieten.
Besonders in den Gebieten der heutigen Provinzen Shandong, Shaanxi, Henan
und Hebei brodelte das Leben der Jungsteinzeit. Man war mit allerlei Arbeiten
beschäftigt, betrieb erfolgreich Ackerbau, züchtete Schweine
und hielt Hunde. Die Chinesen töpferten bereits um 10.000 v.Chr.
mit Ton. Seit der Zeit um 5000 v.Chr. webten sie Stoffe. Gegen 3000 v.Chr.
begannen die Chinesen Schafe, Rinder und Wasserbüffel zu züchten.
Sie bearbeiteten Kupfer und Jade. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten
Ansätze für die weitere Verarbeitung von Metallen.
Erstaunlicherweise legen einige neuere Hinweise die Vermutung nahe, daß
bereits ab 4000 v.Chr. Steinspitzen, Bambussplitter und Fischgräten
zu Akupunkturzwecken in China eingesetzt wurden.
Xia - Die älteste Dynastie Chinas (um 2205 bis 1700 v.Chr)
Lange Zeit galt die Existenz dieser Dynastie unter Wissenschaftlern umstritten.
Für die Chinesen selbst war das allerdings kein Grund, an den mythologischen
Ursprüngen ihrer Kultur zu zweifeln. Eine scharfe Unterscheidung
zwischen diesen Mythen und den historisch belegbaren Abschnitten der chinesischen
Geschichte fand und findet im Bewußtsein der meisten Chinesen nicht
statt.
Im Zeitraum der Xia-Dynastie tauchen die ersten mythischen Kultur-Heroen
Chinas auf, die sogenannten Drei Erhabenen (San Huang), nämlich
Fuxi, Nügua und Shennong. Aufgrund ihres Wirkens
entstand die chinesische Kultur, denn sie trennten Mensch von Tier. Fuxi
gilt als Erfinder der Jagd und der Fischzucht, Nügua fiel
die Aufgabe zu, die Welt wieder ins Lot zu bringen, nachdem der Dämon
Gonggong sie verwüstet hatte. Shennong schließlich
brachte den Menschen die Kultur des Ackerbaus und der Kochkunst.
Darauf folgte die Herrschaft von fünf mythischen Kaisern, die allesamt
weise regierten und den Menschen weitere kulturelle Fähigkeiten vermittelten.
Unter dem Kaiser Tangyao kam es zu einer Überschwemmung von
apokalyptischen Dimensionen, die der Kaiser nicht einzudämmen vermochte,
aber als der Untertan Yu die Fluten bändigte und auf diese
Weise den Staat rettete, wurde er zum Kaiser ernannt.
Mit Kaiser Yu wurde die Ära der Erbmonarchie eingeführt
- zuvor verlieh man dem Fähigsten den Titel des Kaisers. Kaiser Yu
gilt als Begründer der Xia-Dynastie - hier beginnt die belegbare
Geschichte der chinesischen Dynastien, denn man geht heute u.a. aufgrund
von Fundstätten in der Provinz Henan davon aus, daß es die
Xia-Dynastie tatsächlich gegeben hat. Wissenschaftler siedeln
sie zeitlich um 2205-1700 v.Chr. an. Man vermutet, daß es sich bei
dieser Dynastie um eine Art Stammeszusammenschluß handelte.
Als besonderes Ereignis innerhalb dieser Epoche wird der Beginn der chinesischen
Bronzezeit angesehen; um 2000 v.Chr. wurden in Erlitou (Nähe
Luoyang) bronzene Weinbehälter gegossen. Das Bronzegießen
wird in China zu einer Perfektion entwickelt, die weltweit einzigartig
ist.
Ungefähre Ausbreitung der Xia-Dynastie;
Quelle: http://de.wikipedia.org
Hochkulturen in Europa
Die ältesten Hochkulturen in Europa sind die Minoer und die
Mykener, sie entwickelten sich auf Kreta und in Griechenland während
der späten Bronzezeit um 1900 bis 1250 v.Chr.
Beide Kulturen waren hierarchisch strukturierte und politisch komplexe
Gesellschaften. Die Regierungen an der Spitze dieser Gesellschaften walteten
von einem zentralen Palast aus, deshalb nennt man die Minoische und die
Mykenische Kultur auch "Ägäische Palastkulturen".
Die Minoer auf Kreta, die ihren Namen dem legendären König
Minos (Sohn des Zeus und der Europa) verdanken, verwendeten
zunächst eine Hieroglyphenschrift und später eine Schrift, die
"Linear A" genannt wird. Es existierten vier große kretische
Paläste. Die Minoer besaßen ein hoch entwickeltes Verwaltungssystem
mit Schreibern, die in den Palästen arbeiteten und diverse bürokratische
und wirtschaftliche Transaktionen auf Tontafeln festhielten. Leider ist
die Schrift der Minoer nicht entschlüsselt worden.
Die Mykener entwickelten aus der kretischen "Linear A" eine
frühe Form des Griechischen, "Linear B" genannt. Im 14.
und 13. Jahrhundert v.Chr. wurden in Mykene Paläste gebaut,
deren Fundamente auf Burgbergen (Akropolis genannt) innerhalb mächtiger
Steinquader lagen.
Minoische und Mykenische Kultur (1900 bis
1250 v.Chr.)
Die Shang-Dynastie in China (um 1700
bis 1027 v.Chr.)
Hier tauchen auf Orakelknochen (Schulterblattknochen von Rindern und Schildkrötenpanzer)
die ersten chinesischen Schriftzeichen auf. Orakel spielten besonders
im Leben der Shang-Obrigkeit eine große Rolle. Man befragte
die Orakel nach dem Ausgang von Feldzügen, Jagden usw. Dazu schrieb
man die Fragen auf Knochen, erhitzte diese und interpretierte anschließend
die entstandenen Risse.
Einige dieser Schriftzeichen werden noch heute in der chinesischen Schrift
benutzt. Allein in Gräbern im Gebiet des heutigen Ortes Anyang
wurden 20.000 solcher Orakelknochen gefunden.
Schriftzeichen auf einem Orakelknochen;
Quelle: http://de.wikipedia.org
Wie man sieht, war die Kultur während der Shang-Dynastie schon
weit entwickelt. Man kannte bereits eine ausgefeilte Schrift mit ungefähr
5000 Schriftzeichen und zwei Zahlensystemen. Die erste Person des Staates
war der König. Er befehligte das Heer, und auch in Fragen des Kultevent-Managements
galt sein Wort als Alpha und Omega.
Der verehrte Gott war Shang Di, außerdem gibt es Zeugnisse
für einen ausgeprägten Ahnenkult. Man huldigte den heiligen
Bergen, den Göttern der Himmelsrichtungen und den Flußgöttern.
Bei derartigen Zeremonien herrschten rauhe Sitten - nicht selten wurden
Menschen geopfert.
Seit 1200 v.Chr. kannte man im militärischen Bereich Streitwagen
mit großen vielspeichigen Rädern. Sie wurden von mehreren Pferden
gezogen. Neben Waffen aus Bronze wurden Reflexbögen hergestellt.
Die Armeen besaßen eine Truppenstärke bis zu 5000 Mann, und
in den Städten baute man starke Befestigungsanlagen, z.B. dicke Mauern.
Die Metallverarbeitung der Shang verfügte über die fortschrittlichste
Technologie dieser Zeit - keine andere Hochkultur der Welt konnte mit
der Qualität ihrer Bronzeerzeugnisse konkurrieren.
Eine der wichtigsten Hauptstädte der Shang, die den Namen
Yin trug, befand sich in einem Gebiet nahe des heutigen Ortes Anyang.
Dort wurden diverse Königsgräber entdeckt, deren umfangreiche
Grabbeigaben genaue Rückschlüsse auf die Kultur der Shang ermöglichen.
Die Ära Shang-Dynastie gilt als wahrscheinlicher Startpunkt
für die Entwicklung der Akupunktur. Chinesische Ärzte verwendeten
Steinsplitter, die Bian Shi genannt wurden, um die Qi-Zirkulation
ihrer Patientien zu regulieren.
Ungefähre Ausbreitung der Shang-Dynastie;
Quelle: http://de.wikipedia.org
Das griechische Mittelalter (1100 bis 750 v.Chr.)
Im 12. Jahrhundert v.Chr. kam es in der mykenischen Bronzekultur zu einer
rätselhaften, zumindest nicht vollständig aufgeklärten
Katastrophe. Städte wie Mykene und Tiryns wurden zerstört,
die Herstellung von Schmuck aus Gold und Bronze setzte aus, ebenso die
Produktion von Keramik und Gebrauchsgegenständen. Der Handel ging
zugrunde, die Linear-Schrift starb aus.
Die Gründe für den Niedergang der mykenischen Kultur sind nicht
vollständig geklärt. Man vermutet einen Zusammenhang mit dem
Einwandern eines kriegerischen griechischen Stammes auf der Peloponnes.
Dieser Stamm, die Dorer, zerstörte Mykene und griff
auch andere friedliebende Volkstämme an, die auf der Halbinsel lebten.
Allerdings werden auch weitere Gründe
für den Niedergang der mykenischen Kultur angenommen, wie etwa Naturkatastrophen,
Dürreperioden und Mißernten sowie Kriege innerhalb der griechischen
Städte auf der Peloponnes und die damit verbundenden Wirtschaftskrisen.
Griechenland und Kreta;
Zerstörung der mykenischen Kultur ab 1200 v.Chr.
Die Zhou-Dynastie in China (1027 bis 221 v.Chr.)
Die Shang wurden im Jahr 1027 v.Chr. von den Zhou besiegt.
Die Sieger klärten das Volk auch gleich darüber auf, weshalb
die Shang untergegangen waren: Sie hatten das Mandat des Himmels
verspielt, durch ihre sittlich verderbte Lebensweise den göttlichlichen
Auftrag verloren. Dieser "Auftrag des Himmels" spielte fortan
in der Geschichte Chinas eine bedeutsame Rolle, von nun an suchte jede
Regierung, sich durch den Willen des Himmels zu legitimieren.
Das Volk der Zhou stammte aus Gegenden des westlichen Shang-Reiches.
Nachdem sie die Macht ergriffen hatten, herrschten sie 300 Jahre lang
unangefochten, aber 771 v.Chr. zwangen feindliche Invasoren die Zhou,
ihre Hauptstadt ostwärts nach Luoyang zu verlegen.
Die allgemeine Situation zu Beginn der der Zhou-Dynastie muß
man sich als eine konfliktreiche Zeit vorstellen, in der ca. 170 verschiedene
kleinere Königreiche und Stammesverbände miteinander konkurrierten
und sich gegenseitig auch kriegerisch bekämpften. Gegen Ende der
Zhou-Dynastie, also um 480 bis 220 v.Chr. führte der zunehmende
Machtverlust der Zhou-Könige zu einer immer stärkeren
Zentralisierung.
Durch Zusammenschluß verschiedener Königreiche entstanden kompaktere
Einflußsphären - zur "Zeit der streitenden Reiche"
existieren nur noch sieben konkurrierende Königreiche. So verbündeten
sich u.a. die Qi, die Zhou und die Qin in wechselnden
Koalitionen und kämpften um die Vorherrschaft. In den Kämpfen
ab 700 v.Chr. spielte zunehmend eisernes Kriegsgerät eine bedeutende
Rolle.
Ungefähre Ausbreitung der Zhou-Dynastie;
Quelle: http://de.wikipedia.org
Europa im ersten Jahrtausend v.Chr.
Auf den Niedergang der mykenischen Kultur
folgte in Europa eine Zeit des kulturellen Verfalls, die Jahrhunderte
andauerte. Erst danach (etwa im achten Jahrundert v.Chr.) entwickelte
sich die klassische griechische und später die römische Kultur,
die ihrerseits viele Errungenschaften der Griechen übernahm.
Mit einer Verzögerung von etwa 200 Jahren ereigneten sich auch im
übrigen Europa Entwicklungen, die den griechischen Verhältnissen
ähnelten. Waffen aus Bronze und Eisen breiteten sich aus, Gerätschaften,
Architekturformen und Riten deren Urformen man bereits bei den Griechen
beobachten konnte, waren nun überall in Europa anzutreffen. Die sogenannte
Hallstatt-Kultur (benannt nach einem Ausgrabungsort in Österreich)
war von der Donau bis zum Atlantik verbreitet.
Viele Stämme der Hallstatt-Kultur waren von einer Kriegerkaste beherrscht.
Seit etwa 500 v.Chr. stellte man überall in Europa Waffen und Gebrauchsgegenstände
aus Eisen her. In Mitteleuropa, Spanien und der Türkei verbreiteten
sich im Zeitraum von 500 bis 100 v.Chr. die Kelten, von denen es
leider keine Schriftdokumente gibt. Das, was über sie geschrieben
wurde, stammt von den Römern.
Die griechische Zivilisation war ein Bund von Stadtstaaten (z.B. Athen,
Sparta), deren Kolonisation des Mittelmeerraumes gegen 800 v.Chr.
stattfand, auch wenn die Ursprünge natürlich weiter zurück
reichen. Diese Zivilisation entwickelte Philosophie, Wissenschaft, Sport,
Politik, Theater und Musik zu außerordentlicher Blüte, und
Alexander der Große verbreitete die griechische Kultur nach
Persien, Ägypten und Indien. Die griechische Zivilisation zerfiel
ab 400 v.Chr.
Die Römer übernahmen gegen 100 v.Chr. vieles von den Griechen.
Von ihrem Machtzentrum am Mittelmeer aus regierten sie über ein Reich,
dessen größte Ausdehnung später im 2. Jahrhundert bis
England und Rumänien reichen sollte.
Zentralgebiete der Hallstatt-Kultur im
ersten Jahrtausend v.Chr.;
Quelle: http://de.wikipedia.org
Zeit der streitenden Reiche (481-221 v.Chr.)
Für den an historischen Wurzeln interessierten Kung Fu-Praktiker
ist die Zeit der streitenden Reiche von besonderer Bedeutung, denn hier
finden wir einige der entscheidenden Faktoren für die spätere
Entwicklung der chinesischen Kampfkünste. Diese Phase der chinesischen
Geschichte war von erbitterten Kriegen geprägt, in denen die verschiedenen
Königreiche unter Einsatz immer neuer Taktiken und Waffen den militärischen
Sieg zu erringen hofften.
Aufgrund von Fortschritten im Ackerbau und der damit verbundenen Erhöhung
der Bevölkerungszahl wurde jetzt die Zusammenstellung von riesigen
Armeen möglich. Das Heer eines Staates wurde zur Grundlage seiner
Expansionspolitik.
Am Ende dieser kriegerischen Periode setzte sich Qin-König Zheng
durch und nahm den Kaisertitel Shihuangdi an. Er galt als ein besonders
harter und strenger Herrscher. Der erste Kaiser von China legte die Grundlage
für umfangreiche Umstrukturierungen des gesamten Reiches, das nun
von einer totalitären Zentralmacht mit Hilfe einer regionalen Beamtenschicht
regiert wurde.
Die Vereinheitlichung von Schrift, Münzen, Maßen und Gewichten
hat große Auswirkungen auf die Wirtschaft, gigantische Landwirtschafts-
und Bauprojekte gestalteten das gesamte Land um. Infrastruktur und Verteidigungsanlagen
wurden ausgebaut, Handelswege und -beziehungen erneuert und ausgedehnt,
hier muß insbesondere die Seidenstraße erwähnt werden,
auf der chinesische Güter bis ins Römische Reich gelangten.
Shihuangdi starb 210 v.Chr. In seinem
gigantischen Grabmal, an dessen Errichtung angeblich bis zu 700.000 Arbeiter
beteiligt waren, wurde 1975 die weltberühmte Terrakotta-Armee, bestehend
aus 3200 individuell gestalteten Ton-Soldaten, entdeckt.
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KFSB, 10.11.2010
Artikel-Sammlung
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